Geschichtsverein Jossgrund

Objekt x des historischen Wanderweges Jossgrund

 

 

 

Die Auswanderer von Pfaffenhausen in die USA  (Text aus Chroniklesebuch Rützel)

 

Da in der bayrischen Zeit des Jossgrundes die Auswanderungen nach Amerika begannen, sei hier eine Auflistung und auch ein erhaltener Brief von Auswanderern aus der Familie Rützel wiedergegeben. Es ist diesen Auswanderern nichts geschenkt worden. Sie mussten schwer arbeiten und zäh Tag für Tag ringen. Ein Glück hatten sie: Sie waren das harte Arbeiten von Jugend an gewohnt.

 
   

Präsident Reagan (USA) hatte im Jahr 1987 einen besonderen Tag für die Einwanderer aus Deutschland bestimmt und auf den 6. Oktober festgelegt. Dieser Tag sollte den heutigen Amerikanern bewusst machen, welchen hohen Anteil das deutsche Volk an der Kultur und Zivilisation, am technischen und atomaren Fortschritt in den Vereinigten Staaten geleistet hat. Dies ist der Anlass, weshalb eine Auflistung der Auswanderer aus Jossgrund im Spessart zusammengestellt werden soll.

 

 

Die größte Auswanderungswelle nach Amerika  fand zwischen 1830 und 1870 statt.

 

 

 

 

 

 

Brief eines Auswanderers aus Nordamerika

An

Joh. Georg Rützel in Pfaffenhausen

Landgericht Orb Unterfranken im Königlich Bayern                                   Utica, 20. 10. 1857

Lieber Bruder!

Auf Deinen Brief, welchen ich im Juni erhielt, schreibe ich dir wie folgt. Das erste ist, daß ich noch Gott sei Dank recht gesund und vergnügt bin, ich arbeite noch bei meinem ersten Meister, dessen volle Gunst ich besitze und sein Tagebuch führe über alle seine Gesellen, deren Zahl beständig 18 bis 20 ist. Wir verfertigen diesen Sommer nebst 8 Wohnhäusern auch eine große deutschkatholische Kirche ganz von Holz aufgebaut mit einem Thurm von 250 Fuß hoch. Von dessen Spitze, theure Geschwister richtete ich oft einen Blick mit Wehmut nach meiner Heimat sambt Euch und allen guten Freunden, welche ich dort verliess; doch ist es nun geschehen und nie reute es mich, denn Deutschland und Amerika ist ein Unterschied wie Himmel und Erde voneinander, wo hört man hier von Protesten gegen Arbeitslohn, wo hört man Proteste wegen Steuer einkassieren, wenn wirklich ein Mann zu groß in Schulden geräte, so nehmen ihm die Schuldner sein beweglich Vermögen, was er besitzt, hernach kann derselbe wieder anfangen, was Er will und niemand darf ihn stören. Bruder, wenn in Deutschland die Gesetze währen, wie in diesem Land, so wollte ich früher oder später die Rückkehr nach Pfaffenhausen nehmen und mich im schwarzen Grund niederlassen, dort wollte ich leben wie ein Graf ohne Einkommen.

Noch will ich Dir eine kurze Beschreibung machen von der Beschaffenheit des Landes. Hier in dieser Gegend trifft man nirgends große Waldungen und auf dem Lande kann man beinahe überall von einem Farmershaus das andere sehen, im Westen hingegen sind noch ganze Gegenden nichts als Urwald, dort kann man den Acker kaufen von 1 1/2 Thaler samt dem Holze, welches darauf steht und mit der Bezahlung hat der Käufer eine Frist von 10 Jahren. Dieses ist überhaupt der Gebrauch in ganz Amerika. Was die Stadt Utica anlangt, hat dieselbe eine Stunde im Durchmesser jedoch ist sie noch nicht ausgebaut. Alle Straße werden eher angelegt als Häuser an dieselbe gebaut werden, das verschönert die Stadt. Alle Seiten Gänge sind entweder mit steinernen Blatten oder mit Blänk gemacht. Herrliche Paläste in Backstein werfen sich dem Auge dar im inneren der Stadt. In allen Straßen dampfen die Kamine von den fürstlichsten Fabriken aller Art, worin sich tausend von Menschen beschäftigen. Dieses Jahr wurden Erwägen angefertigt, mit welchen man auf allen Wegen mit Dampf fahren kann.

In New York bauen Sie Luftschiffe mit welchen man in 48 Stunden nach England fahren kann. Diese Gesellschaft will sich verbindlich machen, alle Passagiere von 30 Thaler die Person herüber und hinüber zu liefern. Wenn dieses in Gang kommt, so werde ich bis künftiges Jahr zu Dir auf die Kirchweih kommen - dieses im zweiten Theil.

Wie befindet sich denn der Schumacher Meister Baldauf von welchem Du mir geschrieben, daß er sein Christliches Leben bei Dir entigen will - vor ihm wäre es hier gut, denn da geht alles (glücklich).

Lieber Bruder, ich rathe Dir, stelle ihm Aufsicht, wenn Du nicht (getraust) bis von wegen den fünf und vierzig. Aber alles ohne Verdruß.

Theure Schwester Margarethe, was fehlt Dir, daß Du weder selbst gekommen, noch mir Antwort geschrieben hast? Wegen dem Vorwort lasse ich Dir die freie Wahl, denn ich will überhaupt niemanden heißen, nach Amerika zu machen, rathen thun aber hingegen jedem, dem es Ernst ist und keine Beschwerden scheut.

Mein Reisekamerad Konrad Abersfelder und seine Frau sind noch guten Mutes, wenn sie hart arbeiten wollen, verdienen Sie wöchentlich 9 Thaler. Treuer Bruder grüße mir alle unsere Schwestern und Schwäger und überhaupt alle guten Leute. In der Hoffnung auf baldige Antwort wartet in Amerika

Dein aufrichtiger Bruder Johann Rützel